Weibliche Wut

weibliche Wut – nutze das Potenzial eines ungeliebten Gefühls!

Wut ist eine grundlegende Emotion, die – zunächst als Aggression – in Reaktion auf wahrgenommene Bedrohungen oder Verletzungen entsteht. Diese emotionale Reaktion hat evolutionäre Wurzeln und diente unseren Vorfahren als Schutzmechanismus. Denn sie wollte uns vor potenziellen Gefahren warnen und schützen. Also eine durchaus sinnvolle Reaktionsweise und Überlebensstrategie! Die Unterdrückung von Wut – insbesondere bei Frauen – ist ein weitverbreitetes Phänomen, das viele von uns im Laufe ihres Lebens erfahren. Doch warum neigen wir dazu, diese mächtige Emotion zu verbergen und in den Tiefen unseres Inneren zu verschliessen?

WEibliche Wut – wie sie entsteht

Woher kommt sie und wie sieht sie genau aus – die (weibliche) Wut? Eins vorweg: Wut kann in ganz unterschiedlichen Ausprägungen auftreten: Ärger, Groll, Rage, Zorn, Hass und sogar Ohnmacht und Traurigkeit. Immer ist Wut mit einem ganz starken Empfinden und einer heftigen Energie gekoppelt. Oft sind wir sogar von diesem Gefühl schlichtweg überfordert und können nicht angemessen damit umgehen. 

Es ist wichtig zu verstehen, dass Wut nicht isoliert entsteht, sondern in einem komplexen Zusammenspiel von psychologischen, neurobiologischen und sozialen Faktoren verwurzelt ist. Unser Gehirn, insbesondere der limbische Bereich, spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Wut. Hier werden emotionale Signale verarbeitet und mit früheren Erfahrungen verknüpft.

Ausgangspunkt ist immer die Aggression als reaktive Haltung von Selbstschutz, Kampfbereitschaft und Selbstbehauptung. Aggression ist zunächst mal ein Impuls – eine natürliche Urkraft – und dient dazu, ganz vereinfacht ausgedrückt, auf etwas zu zu gehen und sich zu holen, was man braucht und will. Ausserdem ist Aggression eine Fähigkeit zur Abgrenzung und eine natürliche Abwehrreaktion auf einen Angriff. In diesem Sinn ist Aggression ein Zustand, der dazu dient, etwas zu erreichen und der sich anschliessend wieder auflöst. Soweit so gut.

Weibliche Wut - weisst du, was sie dir sagen will?
Weibliche Wut – Weisst du, was sie dir sagen will?

Wut entwickelt sich, wenn eine Aggression nicht zum Erfolg führt.

Wenn wir diesen natürlichen Impulsen jedoch nicht nachgeben können, dann verwandelt sich die Aggression in Ärger oder Wut und richtet sich nach innen, d.h. gegen uns selbst. Wenn wir keine Selbstwirksamkeit entwickeln können, dann kann sich Wut sogar in Ohnmacht verwandeln («ohnmächtige Wut»). Wichtig ist hier festzuhalten: Die Energie, die sich in uns aufgebaut hat, löst sich nicht plötzlich in Luft auf, sondern bleibt im Körper bestehen, weil sie nicht abreagiert oder in andere Kanäle geleitet werden konnte.

In der Traumaforschung ist man inzwischen zu folgender Annahme gekommen: Menschen, die leicht aufbrausen oder als jähzornig gelten, haben oft seit ihrer frühen Kindheit Situationen erlebt, in denen sie diese mobilisierte Energie halten mussten und nicht ableiten konnten. Diese Energie der abgekapselten Wut zeigt sich dann manchmal viel später im Erwachsenenalter in Form von Wutanfällen oder echter zerstörerischer Gewalt. Wenn sich diese Wut nach innen richtet, kann es auch zu Depressionen, Angststörungen und Panik kommen. 

Gründe für unterdrückte Wut

Der Umgang mit wütenden Anteilen wird nicht nur durch biologische Prozesse beeinflusst, sondern auch durch unsere Bindungserfahrungen, die wir in der Kindheit gemacht haben. Kindererziehung geschieht vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Normen und Erziehungsmuster. In westlichen Kulturen wird Wut grösstenteils als unangemessen oder sogar als Zeichen von Schwäche betrachtet. Wahrscheinlich haben wir fast alle als Kinder erlebt, dass unsere Wut nicht akzeptiert worden ist. Wir sollten schön angepasst, brav und leise sein und natürlich gehorchen. Wir haben Sätze gehört wie «Sei nicht wütend» oder «Du darfst nicht schreien» oder auch «Mama hat dich nicht mehr lieb, wenn du so wütend bist».

Und das ist natürlich die grösste Katastrophe für ein Kind. Und es lernt ganz schnell:

Das Zeigen von Wut kann meine Beziehung zur Familie gefährden und dann bin ich in Lebensgefahr.

Dann werden die eigenen Gefühle und eben die Wut zur Bedrohung des Grundbedürfnisses nach Beziehung. Diese Botschaften prägen unsere Bewertung von Wut und schaffen ein Umfeld, in dem die Unterdrückung dieser Emotion als erstrebenswert gilt. Geschieht natürlich alles unbewusst, wirkt aber bis ins Erwachsenenleben nach.

Die Angst vor Konflikten und Ablehnung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Wir fürchten uns davor, andere zu verletzen oder selbst abgelehnt zu werden, wenn wir unsere Wut ausdrücken. Diese Befürchtungen können dazu führen, dass wir automatisch dazu neigen, unsere Wut zu unterdrücken, um Harmonie in zwischenmenschlichen Beziehungen aufrechtzuerhalten.

Ein weiterer Aspekt ist die individuelle Angst vor der eigenen Wut. Der Ausdruck von Wut kann mit einem Verlust an Kontrolle oder unangenehmen Konsequenzen verbunden sein. Die Sorge, dass unsere Wut uns selbst erschrecken könnte oder dass sie unkontrollierbar wird, führt oft dazu, dass wir diese Emotion lieber tief in uns begraben. Denn wenn wir erleben, dass wir unsere Gefühle und uns selbst nicht mehr kontrollieren und regulieren können, dann entsteht Angst. Ein weiterer Grund, Wut am besten schon ganz am Anfang zu unterdrücken.

Wut und Gender: Zeigen Frauen lieber Tränen als Wut?

Viele Menschen haben Schwierigkeiten mit der Emotion Wut. Forschungen zeigen, dass Frauen sich noch schwerer damit tun, Wut zuzulassen als Männer. Oder anders formuliert:

Die Gesellschaft geht mit weiblicher Wut anders um als mit männlicher.

Von meinen Klientinnen höre ich ganz oft den Satz: «Ich kann gar nicht richtig wütend werden» oder «Ich möchte auch mal richtig wütend werden» Und dann berichten sie auch oft, dass ihnen eher die Tränen kommen, obwohl sie viel lieber mal so richtig auf den Tisch hauen würden …

Wut - gehen Frauen und Männer anders damit um?
Wut und Gender: Hat diese Emotion einen unterschiedlichen Stellenwert im Leben von Frauen und Männern?

Wut bei Mädchen und Frauen wird auch heute noch eher als Zumutung, als Anstrengung für andere aufgefasst: «Lächle doch lieber. Wenn du lächelst, bist du viel hübscher.» Männern und Jungen wird das Gefühl absolut zugestanden. Sie gelten als energisch, durchsetzungsstark und eben „richtig männlich“, wenn sie ihre Wut zeigen.

Traumatische Erfahrungen können die Unterdrückung von Wut noch verstärken. Menschen, die in ihrer Vergangenheit gelernt haben, dass der Ausdruck von Wut gefährlich oder unangemessen ist, neigen dazu, diese Emotion zu vermeiden, selbst wenn sie als Erwachsene nicht mehr in der gleichen gefährlichen Umgebung leben.

In der Folge können unterdrückte Wutgefühle jedoch zu einem erheblichen emotionalen Ballast führen. Sie können sich in Form von Spannungen im Körper, chronischem Stress oder psychischen Problemen und Schlafstörungen manifestieren. Oder sich in den typischen „Frauenkrankheiten“ wie Essstörungen, psychischen Problemen, Selbstverletzung, chronischen Schmerzen und Autoimmunerkrankungen zeigen.

Frauen verarbeiten ihre Wut meistens still. Sagen nichts mehr, ziehen sich zurück, machen dieses Gefühl lieber alleine mit sich aus. Die Vermeidung von Wut kann dann auch dazu führen, dass wir uns von unseren eigenen authentischen Gefühlen entfremden, was langfristig negative Auswirkungen auf unser emotionales Wohlbefinden haben kann.

Die Herausforderung besteht darin, einen gesunden Umgang mit Wut zu finden, der es uns erlaubt, diese Emotion anzuerkennen, zu verstehen und konstruktiv damit umzugehen. Auf unserer Reise zur Selbstheilung ist die Öffnung für die Akzeptanz und den Ausdruck von Wut ein bedeutsamer Schritt, der uns ermöglicht, eine tiefere Verbindung zu uns selbst und unseren Mitmenschen aufzubauen.

Vom richtigen Umgang mit Wut

Was ist nun also zu tun, um mit diesem mächtigen Gefühl bestmöglich umzugehen? Als erstes möchte ich dir sagen, Wut zu unterdrücken, ist keine gute Lösung. Sie ploppt immer wieder auf – so wie ein Fussball, den man unter Wasser drückt. 

Keine einfache Frage, ich weiss. Oft macht es am Anfang sogar Angst, seiner Wut ins Gesicht zu schauen. In meiner Herangehensweise – mit der Traumasensiblen Transformationstechnik – begegnen und transformieren wir die Wut auf unterschiedlichen Ebenen. Es geht dabei in erster Linie darum zu schauen, welchen inneren Anteile du eine Stimme geben kannst, damit das dahinter liegende Bedürfnis einen angemessenen Raum bekommt.

Was kannst du tun, wenn die Wut da ist?

Wenn die Wut da ist, kannst du sie meistens nicht so schnell wieder loswerden. Vielleicht kennst du es sogar, dass es noch schlimmer wird: Dass du dich in die Wut hineinsteigerst und ein Kontrollverlust droht. Als „Erste-Hilfe-Massnahme“ in der akuten Situation habe ich 4 hilfreiche Tipps für dich.

Wahrnehmung der Wut

Besser ist es, sich mit der Wut zu befassen und sie genau wahrzunehmen. Wie geht es dir mit Aggression und Wut? Was macht dich wütend? Was bringt dich regelmässig auf die Palme? Was fühlst du dabei? Welche Körperempfindung hast du bei Wut? Erlaubst du dir dieses Gefühl? Und – für die Fortgeschrittenen – was brauchst du in diesen Situationen, damit du die Wut ableiten kannst und es dir wieder besser geht? 

Umfeld einbeziehen

Wenn du dich ein bisschen mit dieser Emotion vertraut gemacht hast, ist es oft hilfreich, andere Menschen in die Wut-Verarbeitung miteinzubeziehen. Sprich mit deinem Partner/Partnerin, deiner Familie oder im privaten Kreis über dieses Thema. Wie gehen andere mit Wut um? Teile mit ihnen deine Erfahrungen im Umgang mit diesem herausfordernden Gefühl und tauscht euch aus.

Körperübung

Bei der Transformation von Wut geht es um die Ableitung einer hohen Energie, die im Körper steckt. Oft liest man, es sei hilfreich, in ein Kissen zu schlagen oder sich direkt einen Boxsack vorzunehmen. Das ist nicht unbedingt immer so, denn diese Energie ist manchmal zu stark, um die Energie der Wut abzuleiten. Besser geeignet ist eine Jogging-Einheit oder ein schneller Spaziergang im Wald. 

Wut-Meditation

Dieser Tipp überrascht dich vielleicht. Denn er hat viel mit Ruhe zu tun. Vielleicht hilft dir folgende Visionsübung: Stell dir vor, dieses heftige Gefühl, das du im ganzen Körper spürst, fliesst langsam aus dem Körper heraus. Das Gefühl schmilzt allmählich wie ein Eiswürfel an der Sonne. Du spürst es immer weniger, weil es sich verdünnt. Grundsätzlich ist es bei der Transformation von Wut wichtig, die geblockte Energie im Körper behutsam ins (Ab-)fliessen zu bringen. Und ein ganz wichtiger Hinweis: Akzeptiere dieses Gefühl. Wut darf da sein, weil sie eine Berechtigung hat und dir etwas Wichtiges mitteilt.

Weibliche Wut – nutze das konstruktive Potenzial

Vielleicht hast du jetzt erkannt, dass dieses Gefühl zu Unrecht einen so schlechten Ruf hat. Natürlich kann Wut einerseits impulsiv und zerstörerisch sein und sehr viel Schaden anrichten. Wenn man jedoch die Entstehung und den Sinn von Wut verstanden hat, hat Wut einen sehr konstruktiven Charakter.

Wut hilft uns, bei uns zu bleiben und in Kontakt mit unseren Bedürfnissen zu kommen. 

Hinter der Wut steckt immer ein nicht erfülltes und wichtiges Grundbedürfnis – das Urbedürfnis nach Verbundenheit, nach Sicherheit, nach gesehen  und geschützt werden. Hinter der Wut liegt also immer ein tiefes Gefühl von Leid und Schmerz. Und genau das gilt es zu entdecken und es dann zu erfüllen. Ich ermuntere dich sehr, dich mit deiner Wut – wie auch mit allen herausfordernden Gefühlen – zu beschäftigen. Es lohnt sich!

Wenn du mehr über meine Arbeit erfahren möchtest oder Fragen hast, dann kannst du unverbindlich ein Kennenlerngespräch mit mir vereinbaren. Gerne empfehle ich dir unten auf der Seite noch weitere Blogartikel, die dich in deiner persönlichen Entwicklung weiterbringen.

Und ein allerletzter Tipp: Wenn du deinen Gefühlen auf die Spur kommen und gleichzeitig lernen möchtest, mit negativen oder besonders herausfordernden Gefühlen besser umzugehen, dann empfehle ich dir mein Buch: „Leben! Was sonst? Gedanken und Emotionen zum Besserfühlen und Glücklichmachen“. Als zusätzliches „Zückerchen“ erhältst du beim Kauf des Buches einen Link zu meinem kostenlosen Online-Kurs „Emotional Empowered – Einführung in die Emotionale Selbstregulation“.

Das Buch ist hier, in allen Buchhandlungen oder – mit meiner persönlichen Widmung – zum Preis von CHF/Euro 15.- in der Frauenakademie zu erhalten.

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